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Prolog - London 1887 ( + ein wenig musik ;) https://www.youtube.com/watch?v=HFskQSdoT5k)

Die mit Metall beschlagenen Räder der Kutschen fliegen über das graue Bordsteinpflaster der Whitehall Pl 4 an diesem geschäftigen Morgen und verwandeln das gerade noch friedlich schlafenden London in ein reges, munteres Tummeln aus Postboten, Bäckern, Lieferanten, Händlern und Geschäftsleuten. Eine der vielen Kutschen fällt dabei besonders auf, das dunkelrote Holz aus dem sie gefertigt wurde ist penibel poliert, die Farbe der Verkleidung – ein mattes Schwarz - an den Rändern der Kutsche ist perfekt auf die goldenen Beschläge der Kutschenräder abgestimmt. Goldene Löwen prangen über den mit schwarzen Vorhängen verdeckten Fenstern der Kutsche und fletschen ihre Zähne, als würden sie wissen was wohl kommt.

Nach einer Weile kommt ein untersetzter, gut gekleideter Mann aus der Polizeistation, welche später unter dem Namen Scotland Yard Unsterblichkeit erlangen sollte. Seine maßgeschneiderte Kleidung, deren Farbe, wie könnte es auch anders sein, perfekt zu dem Äußeren der Kutsche passt, gibt dem Mann, trotz seiner körperlich eher unauffälligen Statur eine Aura von Anmut und Stolz. Ohne Verzug zu riskieren steigt der Mann in die Kutsche und gibt dem Kutscher, welcher gähnend die Hand vor den Mund hält das Zeichen den Pferden die Peitsche zu geben.

Zurück bleibt nur ein Kommissar, dessen Morgen gerade von dem Besuch eines zutiefst besorgten Vertreters der Londoner Elite versüßt worden ist. Nur dass der Besuch ganz und gar nicht so süß war. Seit die Morde begonnen haben ist die Stadt unruhig geworden. Paranoia und Aberglaube fließen langsam aber stetig fort durch die niederen – und höheren Kreise der Gesellschaft. Die Preise für den Pfund Knoblauch sind in exorbitante Höhen gestiegen, die Schritte derjenigen, die sich noch nach Einbruch der Dunkelheit nach draußen trauen, werden schneller mit jedem Schatten im Augenwinkel. Fledermäuse sind vom Stadtrat einstimmig offiziell als Schädlinge gebrandmarkt worden, deren offensichtlich rasante Ausbreitung einer ganzen Armee von Kammerjägern bedarf.

Polizeikommissar Jonathan Picksworth schaut mit zerfurchter Stirn auf die sich entfernende Kutsche, welche fröhlich, als gehe sie das Schicksal der Welt nicht einen feuchten Pfennig an, die Straße herunterhoppelt. Das war schon der dritte Mord innerhalb fast einer Woche, der diesem Muster folgt. Sein Chef, der Polizeiinspekteur, der Adel, die Justiz, die Presse, ja sogar seine Ehefrau sitzen ihm im Nacken nun endlich wenigstens einen Funken von Licht in diese schlimme Abfolge von Ereignissen zu bringen. Alles vergebens. Seine besten Polizisten hatte er auf den Fall angesetzt, nur um enttäuscht zu werden, jede Spur verlief im Sand, vielleicht war etwas dran, an dem was man in den Straßen sagt. Vielleicht hatte es London hier wirklich mit einem zu Fleisch und Blut gewordenem Vampir zu tun.

Es muss etwas geschehen, drastische Zeiten rufen nach drastischen Maßnahmen.