Didaktische Analyse: Internet of Things in der Schule? - esdkrwl/IoT4School GitHub Wiki
Warum sollte IoT in der Schule vermittelt werden?
Es ist der Bildungsbeitrag des Faches Informatik den Aufbau von Kompetenzen für zukunftsweisende digitale Technologien zu fördern.
„Die moderne Gesellschaft, in der sich die Schülerinnen und Schüler bewäh- ren müssen, wird in hohem Maße von Informations- und Kommunikationstechnologien bestimmt und zunehmend von automatisierten Prozessen durchdrungen.“
Das Internet of Things ist ein aktuelles Thema in Wirtschaft und Forschung - vor allem auch in Deutschland. So sind informatorische Phänomene, wie vernetzte Fahrzeuge, Smart-Home Produkte, Wearables, oder die Überwachung von Fertigungsprozessen in der Industrie, wenn auch unmerklich, schon längst Teil des Alltags geworden. Aus diesem Grund ist es die Pflicht der Lehrkräfte des Faches Informatik die Lernenden über diese Technologien zu unterrichten. Die Schülerinnen und Schüler sollen dadurch befähigt werden sich an Technikdiskussion in diesem Bereich zu beteiligen und die Folgen einer Technologie, deren Präsenz man weder spürt noch sieht, abzuschätzen.
Die Thematik bietet aufgrund ihrer Allgegenwärtigkeit viele Einstiegsmöglichkeiten aus dem unmittelbaren Umfeld der Schülerinnen und Schüler. Am Beispiel Smart-Home lässt sich für die Lernenden verständlich und realitätsnah vermitteln, was IoT bedeutet. So gehört zur fachlichen Klärung, was das Internet ist, was Things sind und was die Aufgaben von Things im IoT sind.
Es sind aber nicht nur die technischen Finessen dieses Themas, deren Vermittlung wichtig sind. Man möchte als Lehrkraft den Schülerinnen und Schüler helfen sich zu verantwortungsbewussten Menschen zu entwickeln, die Informatiksysteme verstehen, anstatt diese nur zu verwenden. Hierzu gehört auch das Verständnis der gesellschaftlichen Dimension der Informatiksysteme. Das permanente Erfassen von teils persönlichen Daten durch Internet of Things Geräte ist aus Datenschutzsicht kritisch. So leben durch den Einzug von allgegenwärtige Sensoren im Haushalt gläserne Menschen in gläsernen Häusern. Ein weiterer Grund Schülerinnen und Schüler über IoT zu unterrichten, ist die Gefahr, die durch schlecht gesicherte Internet of Things Geräte, für das lokale und öffentliche Netzwerk und damit auch auf das Leben der Menschheit ausgeht. Ein Beispiel ist die Schadware Mirai, welche IoT Geräte nutze um DDOS-Angriffe auf wichtige Internetinfrastrukturen, wie die des bedeutsamen DNS Dienstleisters DynDNS durchzuführen. Der verursachte Netzwerkverkehr war so stark, dass die Server des Dienstleisters für Stunden nicht erreichbar waren. Dies hatte zur Folge, dass Webseiten, wie Amazon, Github oder Twitter für die Zeit ebenfalls nicht aufrufbar waren.
Zudem soll das Interesse an dem technischen Trend IoT geweckt werden. Anstatt sich kostenintensive Produkte zu kaufen, entwickeln Bastler ihre eigenen Internet of Things Lösungen. Es gibt zahlreiches Material und Anleitungen dazu. Dadurch können Schüle- rinnen und Schüler dazu motiviert werden, sich selbst kreativ zu entfalten. Somit wird der Erfindergeist geweckt und die Kreativität und die Selbstständigkeit gefördert.
Internet of Things hat eine fächerübergreifende Dimension, die sich fächerübergreifend vermitteln lässt. Die Entwicklung der Automatisierung und deren Folgen für die Gesellschaft können auch im Geschichts- und Politikunterricht behandelt werden. Im Deutschunterricht können Romane wie ZERO oder Blackout von Mark Elsberg, thematisiert werden. Zudem kann im Fach Mathematik oder Physik die Interpolation und Analyse von Daten, die IoT Sensoren ausgeben, behandelt werden. Für den Sportunterricht ist die Benutzung von Wearables denkbar mit einer anschließenden Auswertung der Daten im Informatikunterricht.
Abdeckung mit dem Kerncurriculum Informatik
Da die vier Lernfelder Daten und ihre Spuren, Computerkompetenz, Algorithmisches Problemlösen und Automatisierte Prozesse sowohl die inhalts- als auch die prozessbezogenen Kompetenzen zusammenfassen, wird anhand dieser Lernfelder überprüft, wie und ob Internet of Things Unterrichtseinheiten sinnvoll im Informatikunterricht integriert werden können. Jedes Lernfeld setzt sich aus mehreren Modulen zusammen. Als Quelle dieses Abschnittes wird das Kerncurriculum verwendet
Daten und ihre Spuren
Zunächst wird das Lernfeld Daten und ihre Spuren betrachtet. In den Unterrichtseinheiten dieses Bereiches geht es um die technischen Grundlagen von Rechnernetzen und speziell um das Internet. Das Lernfeld setzt sich insgesamt aus vier Modulen zusammen, die im Folgenden genauer betrachtet werden.
Das erste Modul Aufbau von Netzwerken mit Schwerpunkt Internet ist in zwei Teile untergliedert. Im ersten Teil liegt der Fokus auf den Anwendungsbereichen des Internets und die Chancen und Risiken für einzelne Personen und die Gesellschaft, die sich aus der Nutzung dieses globalen Netzwerkes ergeben. Kompetenzen, wie „die Schülerinnen und Schüler formulieren gezielt Suchanfragen an Suchmaschinen.“ oder „die Schülerinnen und Schüler diskutieren die Interessen der Betreiber von Webseiten und Suchmaschinen“ können nicht mit Internet of Things Technologien vermittelt werden.
Der zweite Teil hingegeben, in welchen der Fokus der zu vermittelnden Kompetenzen auf dem Aufbau und die Funktionsweise des Internets liegt, lässt sich gut mit dem Inter- net of Things kombinieren. Sowohl Basiskompetenzen, wie die Schülerinnen und Schüler „nennen die zentralen Komponenten des Internets, z. B. Client, Server, Router, DNS, und erläutern ihre Funktion“, als auch die Vertiefungen und Ergänzungsthemen, wie „unterscheiden zwischen lokalen und verteilten Anwendungen“ können mit Internet of Things Beispielen vermittelt werden. Der Mehrwert von IoT Technologien ist an dieser Stelle, dass das relativ abstrakte Konzept, wie das Internet auf- gebaut ist und funktioniert, im Klassenzimmer anhand einer eigenen Internet of Things Infrastruktur anschaulich nach empfunden werden kann.
Das nächste Modul Datenaustausch in Netzwerken sollte unabhängig von IoT vermittelt werden, da die geforderten Kompetenzen auf einem relativ grundlegenden Niveau formuliert sind, um ein Grundverständnis für die unterschiedlichen Darstellungen von Daten zu schaffen. Unterrichtseinheiten zum Modul Datenschutz und Sicherheit können zumindest für die Vermittlung der Basiskompetenzen gut mit Internet of Things Konzepten geplant und durchgeführt werden. Vor allem die Kompetenz die Schülerinnen und Schüler „erläutern die rechtlichen Rahmenbedingungen für den Umgang mit ihren persönlichen Daten wie z. B. informationelle Selbstbestimmung, Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) und Datenschutzrichtlinien“ kann man anschaulich am Beispiel von Wearables, wie Fitnessarmbändern oder Smartwatches, welche ebenfalls zu Internet of Things Technologien gezählt werden können, vermitteln, da dieses Beispiel direkt aus dem Lebensumfeld vieler Schülerinnen und Schüler stammt. Das Internet of Things muss unbedingt unter dem Gesichtspunkt informationelle Selbstbestimmung, Datenmissbrauch und Datenschutz betrachtet werden.
Das letzte Modul Verwaltung von Daten vermittelt Kompetenzen rund um den Umgang und Verwaltung von Daten mit Hilfe von Datenbanken. Da ein wichtiger Teil von Internet of Things das Generieren und Auswerten von Daten ist, kann dieses Modul vollständig anhand einer exemplarischen Internet of Things Infrastruktur unterrichtet werden. Dies hat den Vorteil, dass die Lernenden die erworbenen Kompetenzen unmittelbar in realen Anwendungsfällen umsetzen können.
Computerkompetenz
Das Lernfeld Computerkompetenz befähigt die Lernenden zum kompetenten Umgang mit Medien und digitaler Technik. Zudem wird das Verständnis und die Handhabe von Computersystemen geschult. Das Modul Aufbau von Computersystemen könnte mit Hilfe von IoT Geräten vermittelt werden, wobei dieser Einstieg nur bedingt geeignet ist, da die darauf aufbauenden Kompetenzen in den Vertiefungen, wie z.B. die Schülerinnen und Schüler „erläutern die Bedeutung von Betriebssystem und Anwendungsprogrammen bei Computersystemen“ gar keine Rolle in solchen Systemen einnehmen. Aus diesem Grund ist es sinnvoller dieses Modul anhand von Computern, die den Lernenden aus dem Alltag bekannt sind, zu unterrichten.
Ebenso vermitteln die anderen Module den Umgang mit privaten Rechnern auf der Anwenderebene. Es geht viel um die Bedienung von spezieller Software zum Bearbeiten von Texten, Grafiken und Präsentationen. Da viele kommerzielle IoT Produkte den Nutzern jedoch ein graphisches Benutzerinterface im Browser zur Überwachung und Steuerung von Geräten zur Verfügung stellen, kann man in Betracht ziehen, die Entwicklung einer Webseite, im Rahmen des Moduls Präsentation zu thematisieren. Dies deckt die Kompetenzen „die Schülerinnen und Schüler erstellen Dokumente unter Verwendung von Auszeichnungssprachen, z. B. HTML und CSS“ ab.
Insgesamt profitieren die Schülerinnen und Schüler kaum von Internet of Things Unterrichtseinheiten in diesem Lernfeld, da in den Modulen Speichern von Daten, Textverarbeitung, Präsentation und Bildverarbeitung zu vermittelnden Kompetenzen nur eine kleine Schnittmenge mit IoT Technologien besitzen.
Algorithmisches Problemlösen
In diesem Lernfeld wird den Lernenden vermittelt, wie ein Problem analysiert und algorithmisch gelöst wird. Die Schülerinnen und Schüler werden mit dem Programmieren vertraut gemacht.
Das Lernfeld setzt sich aus den Modulen Algorithmusbegriff und Algorithmisieren und Implementieren zusammen. Während das erste Modul nur das Konzept der schrittweisen Lösung eines Problems vermittelt, wird im zweiten Modul das Programmieren gelehrt. Die Schülerinnen und Schüler lernen Kontrollstrukturen, Variablen und Datenstrukturen kennen. Um die erworbenen Kenntnisse zu festigen, entwickeln und implementieren die Lernenden eigene Algorithmen.
Ein Programmieranfänger kann jedoch noch keine Algorithmen implementieren, die einen realen Anwendungsfall haben, da die Programmierkenntnisse dafür nicht ausreichen. Dies kann der Einsatz von Internet of Things Geräten ändern. Wenn die Lehrkraft in der Lage ist die Entwicklung von IoT Lösungen didaktisch so zu reduzieren, dass selbst ein Anfänger diese Umsetzen kann, können die Schülerinnen und Schüler etwas Digitales und nicht Fassbares in die physische Welt portieren. Ein Algorithmus kann dadurch etwas sichtbares mit einem praktischen Zweck im Alltag werden. Der Erfindergeist der Lernenden soll dadurch geweckt und die Motivation sich weiter mit der Thematik zu befassen, gestärkt werden.
Insgesamt kann die gesamte Unterrichtseinheit zum Thema Algorithmisches Problemlösen mit einer IoT Infrastruktur geplant und durchgeführt werden.
Automatisierte Prozesse
Das Lernfeld Automatisierte Prozesse setzt sich aus dem Modulen automatisierte Prozesse im Alltag, Modellierung von Automaten und der technischen Realisierung automatisierter Prozesse zusammen.
Im ersten Modul geht es um das Erkennen, Benennen und Beschreiben von automatsierten Prozessen im Alltag und die gesellschaftlichen Konsequenzen der Automatisierung. Obwohl das Kultusministerium im Anschluss das Modul Modellierung von Automaten vorschlägt, in welchem die Schülerinnen und Schüler mit der Automatentheorie vertraut gemacht werden, ist es aus folgenden Gründen sinnvoller vor der Modellierung von Automaten das Modul technische Realisierung automatisierter Prozesse zu unterrichten: Smart-Home Produkte werden immer beliebter und sind ein ausgesprochen gutes Alltagsbeispiel für automatisierte Prozesse. Es ist daher sinnvoll am Beispiel Smart-Home und industrielles IoT ein Unterrichtsszenario zu entwickeln, in welchem die Schülerinnen und Schüler zunächst die Funktionsweise solcher IoT-Produkte kennen lernen und sich kritisch mit dem Nutzen und den Risiken befassen. Damit können sogar geforderten Vertiefungskompetenzen vollständig abgedeckt werden. Im Verlauf dieser Einheit kann dann nahtlos zum Modul der technischen Realisierung übergegangen werden, indem die Lernenden die erworbenen Kenntnisse dazu nutzen, ein eigenes Informatiksystem zu konstruieren. Dieses Informatiksystem sollte sich aus Sensoren, Aktoren und Verarbeitungskomponenten zusammensetzen, um die vermittelten Basiskompetenzen in einem praktischen Kontext anzuwenden. Wenn die Lehrkraft in der Lage ist, die notwendige Hardware für einen solchen Unterrichtsentwurf selbst zu entwickeln, können die Lernenden das Material sogar mit nach Hause nehmen und dort eigenständig weiter an den IoT-Lösungen basteln.
Fazit
Internet of Things Technologien eignet sich nach einem Vergleich der Inhalte der einzelnen Lernfelder für den Informatikunterricht, da es zahlreiche Verwendungsmöglichkeiten dafür gibt. So kann IoT verwendet werden, um theoretische Grundlagen in einem praktischen Szenario umzusetzen (Lernfeld Automatisierte Prozesse), die Grundlagen des Programmierens zu lernen (Lernfeld Algorithmisches Problemlösen) oder den Umgang mit Daten und Netzwerken ebenfalls in einem praktischen Kontext schulen (Lernfeld Daten und ihre Spuren).
Der Mehrwert von IoT im Informatikunterricht ist, dass Kompetenzen, die notwendig sind eine eigene Internet of Things Infrastruktur zu bedienen, zu verwalten und weiter zu entwickeln, modulübergreifend vermittelt werden können. Durch diese Vernetzung von Inhalten aus den Teilgebieten der Informatik kann nachhaltiges Wissen und ein umfangreiches Verständnis für diese Wissenschaft bei den Lernenden etabliert werden.