OpenSource Geschäftsstrategien - UOS-Open-Source-Softwareentwicklung/oss1314 GitHub Wiki

Einzelreferat

Universität Osnabrück
Artem Petrov - [email protected]

Anmerkung: diese Ausarbeitung basiert zum größten Teil auf dem Artikel „Seven Open Source Business Strategies for Competitive Advantage“ von John Koenig[1].

###Einleitung Der Softwaremarkt ist heutzutage hart umkämpft. Da dieser Markt nicht träge ist und sich rasant verändern kann, müssen Softwareproduzenten gute Strategien verfolgen, um erfolgreich zu sein. Es gibt eine große Auswahl von Softwareprodukten sowohl für private als auch für geschäftliche Anwender. Der Begriff von Open-Source-Software rückt dabei immer weiter in den Vordergrund. Auch große namhafte Unternehmen, wie Google, Microsoft und IBM verfolgen unterschiedliche Open-Source-Strategien.

Vorteile von Open-Source-Software

Open-Source-Software bringt mehrere Vorteile mit sich. Zum Beispiel, kann solche Software gemäß den Kundenanforderungen durch Modifikation von Source-Code zugeschnitten werden. Dabei wird die inkrementelle Entwicklung der Software ermöglicht. Die OS-Software ist frei integrierbar. Sie bietet direkte Interaktion mit User-Community an. Dabei stehen Unternehmensziele und nicht die Ziele der Hersteller von proprietären Software im Vordergrund. Im Vergleich zu proprietären Lösungen, ermöglicht Open-Source eine breite Auswahl aus einer Liste von Hardware- und Software-Herstellern sowie Service-Provider. Aus diesen und anderen Gründen verbreitet sich Linux und im Allgemeinen Open-Source-Software immer schneller. Open-Source-Software besitzt ein großes Potential an Wettbewerbsvorteilen sowohl für Hard- und Softwarehersteller als auch für Anbieter von komplementären Produkten. Viele Unternehmen investieren in Open-Source und setzen Open-Source erfolgreich ein. Open-Source stellt eine große Herausforderung für traditionelle Softwarehersteller dar.

Die Entwicklung von Linux hat stark dazu beigetragen, dass Open-Source-Software angenommen wurde und dass die erfolgreich von vielen Unternehmen eingesetzt wird. Firmen wie IBM, HP, Red Hat, Oracle und Novell setzten Linux für Unternehmensinterne Zwecke ein. Allein die Verwendung von Linux hat mehr als eine Milliarde US-Dollars an Umsatz beiden IT-Unternehmen – IBM und HP – gebracht. Abgesehen von Linux gibt es auch andere Strategien, die Open-Source-Software betreffen. Im Wesentlichen umfassen diese Strategien den Marketing- und den Dienstleistungsbereich. Auch ein Industriestandard kann durch eine Open-Source-Initiative ins Leben gerufen werden. Durch konsequente Verfolgung einer einfachen Strategie kann ein Unternehmen oder ein Produkt bessere Marktposition erlangen. Zum Beispiel hat die Patronage-Strategie, die von IBM verfolgt wird, es dem Unternehmen ermöglicht, neue Marktanteile zu gewinnen. Die Open-Source-Strategien stellen eine Herausforderung für traditionelle Softwarehersteller dar. Firmen wie Sun, BEA und Wind River spüren momentan eine deutliche Auswirkung von Open-Source-Software auf ihr Geschäft. Einige Produkte von diesen Unternehmen werden von der Open-Source-Software bedroht.

Die oben genannten Unternehmen setzen Open-Source-Strategien ein, um Innovationen zu fördern, neue Kunden zu gewinnen und Einnahmen zu generieren. Nachfolgend werden einige dieser Strategien näher erläutert.

Open-Source-Geschäftsstrategien

Die Optimierungsstrategie

Die Optimierungsstrategie ist die Open-Source-Manifestation des „Gesetzes der Erhaltung von Modularität“ (law of conservation of modularity) von Clayton Christensen. Laut diesem Gesetz soll eine Schicht des Software-Stacks „modular und komfortabel“ sein. Die soll allen „adjazenten“ oder benachbarten Schichten eine Optimierung ermöglichen. Als Produkt sind die modularen und komfortablen Softwareschichten unprofitabel für Softwareunternehmen. Das Betriebssystem Linux ist ein Beispiel dafür. Durch die Anpassungsfähigkeit und Modularität von Linux fühlen sich andere Hersteller von Betriebssystemen – so wie Sun, Wind River und Microsoft – gestört.

Von dem Gesetz der Erhaltung von Modularität profitieren unter anderem unabhängige, zusätzliche Schichten der Software. Die Schichten, die es der Software ermöglichen, optimiert zu werden, um Kosten zu senken und bessere Leistung zu erreichen. Ein Beispiel von Anwendung der Optimierungsstrategie liefert Firma Oracle. In diesem Beispiel brauchte das Unternehmen Electronic Arts schnelle und zuverlässige Server für die Online-Version ihres populären Spiels „Sims“. Eine bestehende Lösung von Oracle, die verwendet werden könnte, war die Linux-Version von Oracle 9i Real Application Cluster (RAC). Oracle hat eine lange Geschichte von Unterstützung mehrerer Betriebssystemen. Faktisch portierte Oracle als einer der ersten Softwarehersteller seine Produkte auf eine Open-Source-Plattform Linux. Diese Entscheidung war dadurch beeinflusst, dass die Kunden von Oracle nicht von einem bestimmten Soft- und Hardwarehersteller abhängig sein wollten. Linux läuft auf typischen Intel-Server, bei den allerdings einige Funktionen fehlen, die bei anderen Betriebssystemen und Hardwareplattformen vorhanden sind. Eine solche Funktion ist das Datenbank-Clustering, das in dem Betriebssystem Solaris von Sun implementiert ist. Um den Auftrag zu bekommen, lieferte Oracle eine wettbewerbsfähige Datenbank-Lösung, indem Oracle-RAC auf gängige Linux x86 Server portiert wurde und für diese Server-Architektur optimiert wurde. Durch die Verwendung von vergleichsweise günstigen Servern, die von mehreren Herstellern inklusive Dell, HP und IBM angeboten wurden, ist es Oracle gelungen, die in höherem Maße hardwaregebundene Lösung von Solaris zu ersetzen.

Die niedrigen Kosten der softwarebasierten Lösung von Oracle RAC erhöhten die Preisspanne für die Software. Im Fall von Sims-Projekt kostete die Oracle-Unix (non-RAC) Lösung für das Solaris-Betriebssystem 2.000.000 US-Dollar mehr. Die Leistung des Non-RAC-Systems war nicht besser als die des Oracle-RAC-Systems, die für Linux-Server zugeschnitten war. Laut Mainstay Partners, wurde Oracle RAC für Linux zu einem Preis von 800.000 US-Dollar ausgeliefert. Auch der Verzicht auf Sun-Solaris-Lizenzen hat Electronic Arts über 1.300.000 US-Dollar gespart.

Duallizenz-Strategie

Wenn ein Unternehmen die Duallizenz-Strategie verfolgt, dann wird seine Software unter zwei unterschiedlichen Lizenzen veröffentlicht. Zum einen handelt es sich um eine kostenlose Version der Software, die unter einer Open-Source-Lizenz steht und deren Funktionalität beschränkt ist. Zum anderen wird die Software mit vollem Funktionsumfang unter einer proprietären Lizenz angeboten. Bei diesem Ansatz unterliegt die kostenlose Version der Software einigen Restriktionen. Typisch ist es, das alle Änderungen, die am Quellcode der Software vorgenommen wurden, offengelegt werden müssen. Die freie Version der Software darf auch nicht für kommerzielle Zwecke verwendet werden. Dadurch wird das Entstehen der Software vermieden, die mit der Originalsoftware konkurrieren könnte.

Das Verfolgen der Duallizenzstrategie bringt dem Unternehmen mehrere Vorteile mit sich. Unter anderem werden dadurch neue Kunden gewonnen, das Produkt wird schneller an die Kundenbedürfnisse angepasst und das Unternehmen wird besser auf dem Markt positioniert. Desweiteren bildet sich eine große Kundengemeinschaft, die es dem Unternehmen hilft, eventuell vorhandene Softwarefehler schneller zu lokalisieren. Der Softwarehersteller enthält außerdem mehr Feedback und Kundenwünsche. Die Open-Source-Version der Software kann kostenlos von allen Interessenten getestet werden. Softwareentwickler können somit das Produkt in einem Trial-Projekt ohne große Komplikationen testen.

Alle proprietären Lizenzen brauchen eine Metrik, nach der die Höhe der Lizenzgebühren bestimmt wird. Das bekannte Datenbankmanagementsystem MySQL wird mit zwei unterschiedlichen Lizenzen angeboten. Im Fall der kostenpflichtigen Lizenz muss der Kunde pro Server bezahlen. Für mehr Funktionalität muss der Kunde dementsprechend mehr Ausgeben. Die Duallizenz-Strategie bringt also dem Unternehmen viele Wettbewerbsvorteile. Die kostenlose Software erreicht eine riesige Anzahl an Downloads und wird dadurch sehr bekannt. Die Kundendatenbank wird dadurch automatisch aufgebaut. Andere Unternehmen müssen Milliarden von US-Dollar ausgeben, um vergleichsweise kleine Anzahl an Neukunden zu gewinnen.

Support-Strategie

Laut Aussagen von Culpeppers Analysten, die sie 2004 machten, wachsen die Einnahmen aus Dienstleistungsbereich im Vergleich zu Lizenzeinnahmen. In 20 (also 2024) Jahren wird es für jeden US-Dollar an Lizenzeinnahmen zwei US-Dollar an Einnahmen aus Dienstleistungen (Wartung und Beratung) geben. Die nachfolgende Tabelle illustriert das Ergebnis der Support-Strategie, die von vielen Open-Source-Softwareherstellern umgesetzt wird.

Jahresbilanz Redhat und Novell

Es werden die Geschäftsergebnisse des Jahres 2003 von Redhat und Novell mit den des ersten Quartalls 2004 verglichen. Eine aktuelle Jahresbilanz von Redhat ist unter[2] zu finden. Aus der Tabelle wird ersichtlich, welche Auswirkungen auf das Geschäftsergebnis von Novell der Erwerb von SuSe hatte. Im Vergleich zu Novell hat Redhat keine Lizenzeinnahmen erzielt. Dafür wuchsen die Wartungseinnahmen von Redhat für seine Linux-Version viel schneller, als die von Novell.

Desweiteren gibt es eine breite Reihe von Firmen, die die Support-Strategie erfolgreich verwenden. Zum Beispiel bietet Bitrock seine Leistungen an, die das unter dem Namen LAMP (Linux, Apache, MySQL und PHP) bekannten Produkt betreffen.

Consulting-Strategie

In seinem Artikel in 1999 schrieb Clay Shirky, dass vor 30 Jahren haben sich US-Softwarehersteller darum bemüht, individuell auf Kundenwünsche zugeschnittene Software zu bauen. Die gesamte IT-Industrie wuchs unter dieser Annahme. Heutzutage ist aber es so, dass die Basisfunktionalität nichts kostet. Die meisten Einnahmen werden durch die Anpassung der Software erzielt. Eine Studie aus dem Jahre 1999, die von McKinsey Consulting durchgeführt wurde, besagt, dass die Einnahmen eines Software-Unternehmens zu 30% aus Lizenzeinnahmen und zu 70% aus Implementierungs-Einnahmen bestehen. Eine andere Studie des US Departament of Commerce bestätigt diese Zahlen. So geben Unternehmen von in die Software investierten Mitteln nur 30% für Lizenzen aus.

Patronage-Strategie

Ein Unternehmen kann die Patronage-Strategie verfolgen, um ein Produkt zu popularisieren, bessere Marktposition zu bekommen und dadurch zusätzliche Einnahmen zu generieren. Zum Beispiel hat IBM die Popularisierung von Linux angestrebt. Damit kann die Zahlung von Lizenzgebühren für Microsoft Windows und Sun Solaris vermieden werden. Die Patronage an sich ist aber mehr als einfache Veröffentlichung vom Quellcode. Das illustriert folgendes Beispiel. Der Weiterentwicklung vom Apache Web-Server wurde von IBM nicht in vollem Umfang unterstützt. Dadurch hatte Apache lediglich 50% des Marktes. Währenddessen wuchs der Marktanteil von Microsoft-Server rapide. Um das zu ändern, engagierte sich IBM für Apache. Somit wurde das Monopol von Microsoft auf dem Server-Markt vermieden. Ein weiteres Beispiel liefert der Kampf von Web-Browsern. Der Web-Browser Netscape hatte 60% des Marktes. Im Januar 1998 hat der Web-Browser seinen Marktanteil verloren. Daraufhin wurde der Quellcode von Netscape veröffentlicht. Jedoch führten späte Releases und viele Bugs dazu, dass Microsoft 2004 mit seinen 95% ein Monopol auf dem Browsermarkt hatte.

Embedded-Strategie

Durch die Verwendung von Open-Source-Software in eingebetteten Systemen wird die Embedded-Strategie verfolgt. Ein exzellentes Beispiel dafür ist Linux. Als Betriebssystem wird Linux in mehr als der Hälfte aller eingebetteten Systeme verwendet. Linux läuft auf unterschiedlichen Geräten – großen und kleinen, von Server und Router bis auf Handys. Somit kann Linux als Standardbetriebssystem für viele kostengünstige Geräte bezeichnet. Da Linux auf generischen Plattformen läuft, werden die Kosten für die Hardwareentwicklung und den Prototypenbau minimiert. Diese Kostenersparnisse werden dann an Kunden weitergegeben. Linux ist stabil und durch Implementierung von Ipv6 können mehrere millionen Geräte adressiert werden. Im Laufe der Jahre hat sich eine riesige Community um Linux gebildet, die solche Unterstützung anbietet, sodass proprietäre Softwarehersteller in dieser Hinsicht mit Linux nicht konkurrieren können.

Googles Open-Source-Strategien

Google ist mit seinen Produkten in der Open-Source-Szene bekannt[3]. Das bekannteste davon dürfte wohl das Betriebssystem Android sein, das für mobile Endgeräte bestimmt ist. Ein anderes Projekt namens Chromium, das ein Betriebssystem und einen gleichnamigen Browser enthält, ist auch ziemlich bekannt[4]. Google unterstützt die Open-Source-Community, indem den Topprogrammierern aus der Szene eine Festanstellung angeboten wird. Google arbeitet eng mit Open-Source-Initiativen. Zum Beispiel hat Mozilla Foundation in 2006 66.000.000 US-Dollar Werbeeinnahmen erzielt. Die Werbung wurde von Google bereitgestellt. Das Unternehmen veröffentlicht auch eigener Code unter Open-Source-Lizenzen[3]. Auch Googles Summer of Code ist ziemlich bekannt. Mit diesem Projekt soll in jungen Programmierern der „Open-Source-Geist“ geweckt werden.

Open-Source-Strategie von Microsoft[5]

Auch Microsoft hat das Potential erkannt, das hinter unterschiedlichen Open-Source-Strategien steckt. „Unser Ziel ist es, Interoperabilität, in der gesamten IT-Branche stärker zu fördern. Deshalb gestalten wir unsere Produkte offener und teilen in noch stärkerem Maße Wissen zu unseren Technologien“, sagt Steve Ballmer, CEO von Microsoft. Als Unternehmen veränderte sich Microsoft, passte sich an aktuelle Gegebenheiten an und ist viel offener geworden. Das Unternehmen unterstützt die Open-Source-Gemeinschaft und pflegen Partnerschaften mit vielen Open-Source-Unternehmen. Auch Interoperabilität wird von Microsoft gefördert, damit Kunden einfacher und kostengünstiger gemischte IT-Umgebungen gestalten und verwalten können. Der Softwareriese engagiert sich aktiv für Standardisierungsprozesse. Dessen Produkte unterstützen sowohl formale als auch durch Innovationen neu entstehende Standards.

Zusammenfassung

Es gibt mehrere Open-Source-Strategien, die es einem Unternehmen ermöglichen, die Einnahmen und somit den Unternehmenswert zu steigern und eine akzeptable Marktposition unter starken Wettbewerbsbedingungen zu ergattern. Manche von hier betrachteten Strategien ähneln den Strategien von traditionaler kommerzieller Softwareentwicklung, andere stellen Neuheiten dar. Auf Beispielen von Amazon und Google wird es demonstriert, dass Linux und andere Open-Source-Produkte einem Unternehmen helfen können, einen enormen Wachstum und Profitabilität zu erreichen.

Referenzen

[1] Seven Open SourceBusiness Strategies forCompetitive Advantage, John Koenig, 2004, http://riseforth.com/pdf/seven_open_source_business_strategies.pdf, 29.03.2014

[2] Annual Reports – Redhat, http://investors.redhat.com/annuals.cfm, 29.03.2014

[3] Open Source Projects Released By Google, https://developers.google.com/open-source/projects, 29.03.2014

[4] The Chromium Projects, http://www.chromium.org/, 29.03.2014

[5] Openness – Microsoft, http://www.microsoft.com/germany/interop/openness/about.aspx, 29.03.214