Ausschluss Kommerzieller Nutzung - UOS-Open-Source-Softwareentwicklung/oss1314 GitHub Wiki
Universität Osnabrück
Tilo Wiedera - [email protected]
Lässt sich die kommerzielle Nutzung von Open Source Software sinnvoll ausschließen?
Motivation
Alle bisher im Rahmen des Seminares betrachteten Open Source Lizenzen lassen eine kommerzielle Nutzung der lizenzierten Software zu. Nun stellt sich natürlich die Frage, ob dies wirklich für alle Open Source Lizenzen gilt. Wir wollen die verschiedenen Definitionen von Open Source im Hinblick auf kommerzielle Verwendung untersuchen und die Designenscheidungen der entsprechenden Lizenzauthoren nachvollziehen. Gerade weil ein Ausschluss kommerzieller Nutzung bei freier Software auf den ersten Blick so nachvollziehbar und wohlüberlegt erscheint, mag es seltsam anmuten, dass Open Source Lizenzen sich nicht gegen diese vermeintliche kommerzielle Ausbeutung zu wehren scheinen. Wir werden uns insbesondere mit der Diskussion, die um nicht-kommerzielle Creative Commons Lizenzen kreist, auseinandersetzen.
Viele der bekanntesten Open Source Projekte werden heute auch kommerziell eingesetzt, dabei fließen die Gewinne in der Regel nicht bzw. nur zu einem bestimmten Teil an die Entwicklergemeinde zurück. Der Rückfluss von Ressourcen an die Community kann von Unternehmen zu Unternehmen stark variieren. Linus Dahlander und Mats G. Magnussonb unterscheiden zwischen symbiotischen, kommensalistischen und parasitär (sic!) geprägten Beziehungen von Firmen mit Gemeinden. [1]
Wieso also sollte die kommerzielle Nutzung im Umfeld bestimmter Projekte nicht ausgeschlossen werden?
Creative Commons
Die Creative Commons (CC) ist eine gemeinnützige Organisation, die in Californien, USA beheimatet ist. Gegründet wurde die Organisation im Jahr 2001 und hat sich seither der Förderung freier Werke verschrieben. Wahrscheinlich bekanntestes Produkt der CC sind die Creative Commons Lizenzen. Diese wurden erstmals 2002 publiziert und in den folgenden Jahren sukzessive erweitert. Damit wurden die Creative Commons Lizenzen lange nach den ersten Open Source Software Lizenzen veröffentlicht. Beispielsweise wurde die Free Software Foundation (FSF), die unter anderem die GNU General Public License verwaltet, bereits 1985 gegründet. Im Gegensatz zu OSS-Lizenzen sind CC Lizenzen aber nicht auf Softwareprodukte zugeschnitten, sondern sollen möglichst universell einsetzbar sein (wobei die CC eigene Lizenzen nicht als OSS Lizenzen empfiehlt, sondern auf Lizenzen wie BSD und GPL verweist). Oftmals werden diese Lizenzen zum Beispiel für Werke aus den Bereichen Musik, Photographie und der Literatur verwendet.
Heute (März 2014) existieren insgesamt sechs CC Lizenzen neben der auch als “Public Domain” oder unter dem Stichwort “gemeinfrei” bekannten CC0 Lizenz. Als gemeinfrei gelten solche Werke, an denen der Author alle ihm implizit gewährten Rechte abgetreten hat. Dies kann entweder als bewusste, freiwillige Entscheidung oder Aufgrund des Ablaufs von Schutzfristen geschehen. Die quasi grundlegende CC Lizenz ist die als CC BY betitelte Lizenz, die dem Lizenznehmer jegliche Rechte gestattet und lediglich eine Namensnennung des Authors in Kopien oder abgeleiteten Werken vorraussetzt. Diese Forderung an den Lizenznehmer bildet die Basis aller CC Lizenzen. Die weiteren Lizenzen werden im folgenden kurz erläutert.
- CC BY-SA
Erlaubt die Verwendung unter Namensnennung und der gleichen Lizenz. Damit ist diese Lizenz vergleichbar mit infektiösen Open Source Lizenzen, wie etwa der GPL. - CC BY-ND
Das Werk darf nicht modifiziert werden, abgeleitete Werke sind nicht zulässig. Teilweise ist es schwierig zu bewerten ob eine Modifikation vorliegt. Wurde beispielsweise ein Bild nur geringfügig skaliert oder nur ein bestimmter Abschnitt aus einem Lied gezeigt liegt möglicherweise bereits ein Verstoß vor. - CC BY-NC, CC BY-NC-SA und CC BY-NC-ND
Diese Lizenzen entsprechen im wesentlich den drei oben genannten, sind aber mit dem Zusatz non-commerical (NC), also nicht-kommerziell, versehen. Damit wird eine kommerzielle Nutzung durch den Lizenznehmer ausgeschlossen. Größtes Problem bei der Anwendung dieser Lizenzen ist, dass sich viele potentielle Lizenznehmer in einer Grauzone zur kommerziellen Nutzung bewegen.
Damit erlaubt die Creative Commons jenen Autoren, die ihr Werk kostenlos zur Verfügung stellen wollen, eine breite Auswahl an unterschiedlichen Lizenzen, die eine entsprechende, auch international anerkannte, Rechtssicherheit genießen. Auch für rechtlich ungeschulte Lizenznehmer ist es dank der offiziellen, sehr übersichtlichen Zusammenfassungen der Lizenzen einfach, die entsprechenden Werke mit hoher Rechtssicherheit zu verwenden. Schätzungen zufolge waren im Jahr 2008 etwa 130 Miliionen Werke CC-lizenziert, im folgenden Jahr bereits über 300 Millionen. [2] Außerdem hat Wikipedia im Jahr 2009 die CC-BY-SA Lizenz als offizielle Lizenz für alle Wikipedia-Artikel eingeführt. [3]
Diskurs
Um die Sinnhaftigkeit von nicht-kommerziellen Lizenzierungen ist im Umfeld der Creative Commons eine interessante Diskussion entstanden. Dies hängt auch damit zusammen, dass sich das NC-Modul der CC Lizenzen seit jeher überdurchschnittlicher Beliebtheit erfreut. [4] Hier sollen die wesentlichen Argumente erläutert und reflektiert werden.
Definition: Non-Commercial und Open Source
Es ist essentiell, zu verstehen, dass Open Source und Non-Commercial zwei grundllegend verschiedene Forderungen sind. Diese Forderungen stehen per se nicht unbedingt in Konflikt zueinander, sind aber vollkommen unterschiedlicher Natur. Nicht-Kommerziell wird von der Creative Commons folgendermaßen definiert: [5]
NonCommercial means not primarily intended for or directed towards commercial advantage or monetary compensation. For purposes of this Public License, the exchange of the Licensed Material for other material subject to Copyright and Similar Rights by digital file-sharing or similar means is NonCommercial provided there is no payment of monetary compensation in connection with the exchange.
Damit wird innerhalb der Lizenz CC BY-NC all jene Nutzung als kommerziell betrachtet, bei der eine geldwerte Vergütung anfällt. Insbesondere wird keine Aussage über der Quantität der Vergütung getroffen. Auch ist hier zu beachten, das der nicht-kommerzielle Anspruch keinerlei Forderungen im Hinblick auf die freie Verwendbarkeit umfasst. Dies ist natürlich nur eine mögliche Definition von nicht-kommerziell, aber es wird bereits die Problematik der Lizenz deutlich: Es ist schwierig eine allgemeingültige Definition von nicht-kommerziell zu finden. Auf der anderen Seite gilt die selbe Problematik für die Definition von Open Source. Auch hier kann keine einheitliche Begriffsbestimmung gefunden werden, nichtsdestotrotz können die Definitionen von OSI, FSF und verwandten Institutionen betrachtet werden. Eine - möglicherweise die bekannteste - moderne Definition von freier Software lautet nach Richard Stallman: [6]
A program is free software if the program's users have the four essential freedoms:
- The freedom to run the program, for any purpose (freedom 0).
- The freedom to study how the program works, and change it so it does your computing as you wish (freedom 1). Access to the source code is a precondition for this.
- The freedom to redistribute copies so you can help your neighbor (freedom 2).
- The freedom to distribute copies of your modified versions to others (freedom 3). By doing this you can give the whole community a chance to benefit from your changes. Access to the source code is a precondition for this.
Hier wird bereits deutlich, dass der Begriff Open Source viel mehr Punkte, als bloß die Einschränkung bzw. Freigabe von kommerzieller Nutzung umfasst. Bei genauerer Betrachtung wird aber auch klar, dass Freiheit “0” im Konflikt zur Einschränkung kommerzieller Nutzung steht. Auch nach Definition der OSI ist die kommerzielle Nutzung von Open Source Software in jedem Fall zulässig. [7] Nun könnte man sich aber eine alternative Definition von Open Source vorstellen, die diese erste Freiheit entsprechend einschränkt. Warum aber konnte sich eine derartige Definition nie durchsetzen?
Inkompatibilität
Eines der großen Probleme im Hinblick auf den Auschluss kommerzieller Nutzung ist die Inkompabilität mit anderen Lizenzmodellen. Heute existiert eine riesige Menge frei verwenbarer Werke, berühmte Beispiele sind die verschiedenen, frei verfügbaren Linux Derivate und, im Hinblick auf die Creative Commons Lizenzen, die “freie Enzyklopädie” Wikipedia mit dem Medienarchiv Wikimedia Commons. Die englischsprachige Wikipedia umfasst heute über 4 Millionen Artikel, die deutsche Wikipedia liegt bei etwa 1,7 Millionen. [8] Fast alle dieser Artikel stehen unter CC-BY-SA Lizenz und sind somit frei verfügbar. Wikimedia Commons umfasst mittlerweile über 20 Millionen Werke. [9] Flickr leistet mit seinen Servern täglich über 1 Million Dateiuploads, viele dieser Werke werden dabei von den Anwendern CC-lizenziert. [10] Freien Werken kann damit eine immense Bedeutung nicht länger abgesprochen werden.
Artikelwachstum in der deutschsprachigen Wikipedia [11]
Die Wikipedia Gemeinschaft legt großen Wert darauf, dass die durch sie vertriebenen Inhalte von Dritten frei verwendet werden dürfen. Dies steht offensichtlich im Konflikt zur Einschränkung der kommerziellen Nutzung, da auf Wikipedia veröffentliche Artikel auch im kommerziellen Umfeld publiziert werden dürfen. Auch andere Projekte, die mit der Wikipedia vergleichbare Philosophien und Lizenzierungen verwenden, sind mit dem Modul NC grundsätzlich unvereinbar. Auch entstehen hier Kompatibilitätsprobleme innerhalb der CC-Lizenzen. So ist es beispielsweise nicht möglich, ein unter CC BY-SA lizenziertes Werk mit einem CC BY-NC-lizenziertem Werk zu kombinieren. Grundsätzlich könnte man das kombinierte Werk möglicherweise abschnittsweise lizenzieren. Dies würde aber bei weiteren Modifikationen schnell unpraktikabel werden. Während eine derartige Praxis bei Texten gerade noch vorstellbar ist, kann bei vielen anderen Werken von einer Unvereinbarkeit ebendieser ausgegangen werden, man denke hier an Bilder, Videos, Musik und vergleichbare oder noch komplexere Formate. Nun könnte man sich als Autor auch entscheiden, seine Werke zwar nicht-kommerziell zu lizenzieren aber eine entsprechende Sonderregelung mit der Wikipedia zu vereinbaren, um eine Veröffentlichung durch die Wikipedia zu ermöglichen. Dem widerspricht aber der Grundsatz der Wikipedia, nur freie Werke zu veröffentlichen. Die Besucher der Wikipedia müssten jeden Artikel bzw. jede Ressource im einzelnen auf freie Verwendbarkeit prüfen. Und obwohl diese Überprüfung sicherlich trotz den Prinzipien der Wikipedia zu den Pflichten der Anwender gehört, kann durch diese Praxis die Rechtssicherheit und somit die Freiheit für potentieller Lizenznehmer erhöht werden. Auch innerhalb der Open Source Gemeinde, die als Ideengeber der Creative Commons gilt, konnten nicht-kommerziell lizenzierte Projekte aus diesem Grund nie wirkliche Anerkennung erlangen. [12]
Grauzone kommerzieller Nutzung
Insgesamt ist es schwierig zu definieren, was eigentlich kommerzielle Nutzung ist. Während dem Autoren des Werkes wahrscheinlich Branchenriesen wie Microsoft, Google oder die New York Times vorschweben, ist ihm möglicherweise gar nicht bewusst, wer alles von einer Einschränkung auf nicht-kommerzielle Nutzung betroffen sein wird. So existieren zahlreiche Websites, zum Beispiel Blogs, die einige kleine Werbeanzeigen schalten um sich ein kleines “Taschengeld” zu verdienen oder die Serverkosten zu decken. Auch solche Angebote würden, entsprechend der Formulierung im Lizenztext, möglicherweise als kommerziell eingestuft werden müssen. Insbesondere spielen Umfang und tatsächlicher Gewinn keine Rolle .Entscheident ist laut Lizenz die Absicht des Lizenznehmers. Das diese Problematik nicht nur theoretische sondern auch praktische Bewandtnis hat, zeigt sich in einem vor kurzem gesprochenen Urteil des Landgericht Köln. Am 5.3.2014 wurde das öffentlich-rechtliche Deutschlandradio als kommerzieller Nutzer eines unter einer Creative Commons NC Lizenz stehenden Photos eingestuft und zu einer Zahlung von ca. 800 Euro Schadensersatz verurteilt. [13]
Gewinnausfall
Eigentliches Ziel des NC-Modul ist es, kommerzielle Ausbeutung zu verhindern. Dies ist wohl auch der Grund, aus dem sich die NC-Lizenzen solch großer Beliebtheit bei vielen Autoren erfreuen. Intuitiv ist vielen Autoren daran gelegen, dass ihr Werk nicht ausgebeutet wird. Nun stellt sich die Frage, ob durch eine NC-Lizenz ein Gewinnausfall auf Seite des Autors wirklich verhindert werden kann.
Geschätzte Verteilung der verschiedenen CC-Module [15]
Allem voran ist anzumerken, dass jede der CC Lizenzen einen Verzicht auf bestimmte Rechte formuliert und keine, dem Urheberrecht nicht inhärente Ansprüche, definiert. Damit kann keine dieser Lizenzen als Machtmittel sondern muss vielmehr als Rechtsabtritt an die freie Wissenskultur aufgefasst werden. Wenn aber ein solcher Verzicht stattfindet, ergeben sich, ähnlich zur Open Source Kultur, bereits viele kommerzielle Szenarien, die eine Wertschöpfung abseits des direkten Vertriebs der Werke ermöglichen. Solche Szenarien stehen im allgemeinen nicht im Konflikt mit dem NC-Modul. Als Beispiel seien hier etwa Schulung und Support oder die Dokumentation und Kommentierung von Werken genannt. Auch lässt sich heute durch die alleinige Distribution dieser Werke kaum noch Geld verdienen. CC-lizenzierte Werke sind im nicht-kommerziellen Umfeld immer frei kopierbar und können so, u.a. dank dem Internet, innerhalb kürzester Zeit großflächig und mit geringem Aufwand verteilt werden. Allem voran wird mit einer NC-Lizenzierung also “kleinen” Nutzern geschadet. Zu nennen seien hier beliebige werbefinanzierte Angebote, wie Lokalzeitungen oder Weblogs aber auch nicht ausschließlich öffentlich finanzierte Bildungseinrichtungen und ähnliches. Auf der anderen Seite existiert mit dem SA-Modul eine interessante Alternative um kommerzielle Ausbeutung zu verhindern. Das Share-Alike Modul funktioniert analog zu infektiösen Open Source Lizenzen und verlangt somit eine Veröffentlichung von Derivaten unter derselben Lizenz. Damit kann eine Firma, die durch Sie erstellen Inhalte zum einen nicht exklusiv vertreiben, zum anderen wird, bei trotzdem erfolgreichen kommerziellen Projekten, ein Rückfluss von Ressourcen an die freie Wissensgemeinschaft sichergestellt. Jegliche Verbesserungen am ursprünglichen Werk im Rahmen der kommerziellen Unternehmung sind also frei einseh- und verwendbar. Als Beispiel sei hier der Linux Kernel und die vielen, darauf basierenden Distributionen genannt. Auch innerhalb der Wikipedia hat ein kommerziell ausgerichtetes Projekt schon früh erfolgreich funktioniert. Die Wikipedia CD bzw. DVD wurde von 2004 bis 2007 von Directmedia Publishing vertrieben und hat entscheidend zur Popularität der deutschsprachigen Wikipedia beigetragen. Es bleibt also festzustellen, dass im Moment der Veröffentlichung mit beliebiger CC Lizenz, auf eine direkte finanzielle Vergütung des Werkes bereits verzichtet wird. Soll eine vermeintliche kommerzielle Ausbeutung verhindert werden, so kann es sinnvoll sein, dass Werk anstelle des NC-Modul mit dem SA-Modul zu versehen. Ist eine NC-Lizenzierung unausweichlich, so wird von Erik Möller empfohlen, zumindest die gesetzlichen verankerten Schutzdauern von weit über 50 Jahren zu reduzieren. [12] Ein weiterer, nicht außer acht zu lassender Punkt, ist die Durchsetzbarkeit von Lizenzforderungen. Als Autor sollte man zu einer gerichtlichen Auseinandersetzung bereit sein, um Schadensersatz bei verbotener, kommerzieller Nutzung einzuklagen. Ist man das von vornherein nicht, wird man mit der Lizenzierung wohl eher jene potentiellen Lizenznehemer abschrecken, die im Graubereich der kommerziellen Nutzung agieren und möglicherweise gar nicht Ziel der Lizenzierung waren.
Es sei aber auch anzumerken, dass das das NC-Modul durchaus seine Daseinsberechtigung hat. So führt Paul Klimpel hier beispielhaft Verlage an, "deren Geschäftsmodell auf dem traditionellen Urheberrecht beruht, die erheblich in eine Publikation investieren und die die Vertriebskanäle für diese Publikation vorhalten". [14] Diese Verlage hätten ein Interesse im nicht-kommerziellen Umfeld von Bildung und Wissenschaft, eine möglichst breite Masse zu erreichen, um damit die Gewinne im klassischen Betrieb zu erhöhen, ohne dabei Anreize für mögliche Konkurrenten zu schaffen. Für Privatleute sieht Klimpel die Lizenz als ungeeignet an.
Fallbeispiele
Nachdem nun die Probleme und Interessenskonflikte im Umgang mit NC-Lizenzierungen erläutert wurden, wollen wir hier vier Beispiele zu dieser Thematik näher betrachten.
Node
Node ist ein Open Source Webframework, das auf Google’s Javascript-Interpreter V8 basiert. [16] Größter Sponsor im Umfeld von Node ist Joyent, deren Geschäftsmodell zu einem wesentlichen Teil auf Node aufbaut. Node selbst ist MIT-lizensiert [17] und somit nicht nur kommerziell verwendbar, sondern in Form von Derivaten auch frei lizenzierbar, da es sich um eine nicht infektiöse Lizenz handelt. Joyent beschäftigt mehrere Entwickler, die sich zu einem wesentlichen Teil der Entwicklung von Node, also der Entwicklung eines freien Projektes, widmen. Dazu gehören etwa Timothy J. Fontaine, Isaac Z. Schlueter, Bert Belder und ehemals Ryan Dahl. [18] Auch weitere Firmen, wie Strongloop und sogar Microsoft tragen Ressourcen zu dem Projekt bei. [19] Dank der freien Lizenzierung und architektonischen Innovation ist das Node-Ökosystem in kürzester Zeit rasant gewachsen. Es existieren heute über 64.000 verschiedene Node-Module wobei täglich ca. 5 Millionen Downloads dieser Module stattfinden. [20] Die Software wurde fast von Beginn an mit dem Ziel des kommerziellen Einsatzes entwickelt. Joyent hat Ryan Dahl, den Vater des Produktes, eingestellt nachdem dieser einen Prototyp des Projekts, auf der JSConf 2009 [21] vorgestellt hatte. Hier wird deutlich, wie erfolgreich, gerade im Umfeld von Open Source, mit liberalen Lizenzierungen gearbeitet werden kann. Die beteiligten Firmen verhalten sich in keiner Weise parasitär sondern sind in symbiotischer Weise maßgeblich an den Entwicklungskosten der Software beteiligt.
IrfanView
Bei IrfanView handelt es sich um ein Softwareprodukt zur Anzeige und Manipulation von Grafiken bzw. Bildern. Erstmals veröffentlicht wurde das Werkzeug 1995 und wird seitdem von seinem Entwickler Irfan Škiljan kontinuierlich verbessert. In dem zugehörigen Endbenutzer-Lizenzvertrag heißt es unter anderem: [22]
- IrfanView is provided as freeware, but only for private, non-commercial use (that means at home).
- IrfanView is free for educational use (schools, universities, museums and libraries) and for use in charity or humanitarian organisations.
- If you intend to use IrfanView at your place of business or for commercial purposes, please register and purchase it.
- Commercial users: please contact me by E-Mail for prices, discounts and payment methods.
Damit darf IrfanView nur in sehr eingeschränktem Umfeld kostenlos genutzt werden. Derartig lizenzierte Software wird auch als Freeware bezeichnet. Laut Irfan Škiljan wird die Software seit 2003 jeden Monat mehr als 1 Millionen mal heruntergeladen. [23] Diese Software ist somit ein erfolgreiches Beispiel für die Nutzung von nicht-kommerzieller Lizenzierung. Dem entgegenzusetzen ist aber, dass das Projekt nur durch einen einzigen Entwickler verwaltet wird. Der Source Code muss nicht veröffentlicht werden und eine Kommunikation über Inhalte des Programms kann leicht in geschlossenem Rahmen stattfinden. Auch hat das Projekt zum Zeitpunkt des ersten Release im Jahr 1995 sicherlich einen sehr innovativen Charakter gehabt. Es war seinem Microsoft-Konkurrenten Paint (vormals Paintbrush) in vielerlei Hinsicht überlegen. Ein konkurrierendes Open Source Programm wurde 1998 mit GIMP veröffentlicht. Obwohl der Quelltext von IrfanView nicht öffentlich einsehbar ist, vermerkt der Author, dass Software existiert, die im wesentlichen eine Kopie der Funktionalitäten von IrfanView darstellt. Als Beispiel führt er XnView an. [24] Inwiefern hier tatsächlich schlichtweg kopiert wurde, ist schwer zu bewerten. Sicherlich zeigt dies aber auch, dass eine eher restriktive Lizenz nicht immer vor vermeintlicher Ausbeutung schützen kann. Auffällig im Umgang mit IrfanView ist die nicht mehr zeitgemäß erscheinende Benutzeroberfläche. Auch die Tatsache, dass die letzte offizielle Download-Statistik aus dem Jahr 2003 stammt und keine konkreten Zahlen zu den tatsächlichen Gewinnen vorliegen, lässt das Projekt nicht unbedingt sehr lebendig erscheinen. Im Jahr 2012 wurde GIMP allein auf Sourceforge mehr als 20 Millionen mal, zu fast 70% für Windows, heruntergeladen. [25] Es ist außerdem auf vielen Linuxdistributionen vorinstalliert und kann sogar für Mobilgeräte mit Google’s Android Betriebssystem heruntergeladen werden. Damit scheint, obwohl dies mangels echter Daten rein spekulativ ist, das GPLv3-lizenzierte GIMP heute eine weit größere Verbreitung als IrfanView erreicht zu haben.
Wikipedia DVD
Ein ausgesprochen bekanntes Beispiel innerhalb der Diskussion um das NC-Modul von Creative Commons Lizenzen stellt die Wikipedia DVD dar. Es handelt sich dabei um ein vollständiges Abbild der Wikipedia, das erstmals im Herbst 2004 durch den Verlag Directmedia auf CD veröffentlicht wurde. [26] Es handelt sich hier also um eine kommerzielle Nutzung von freien Werken. Dies hätte ohne eine intensive Zusammenarbeit mit der Wikipediagemeinschaft nicht funktioniert. Die Struktur der Wikipedia wurde hinsichtlich Durchsuchbarkeit optimiert, Artikelleichen wurde aussortiert. Aber auch hier fand ein Rückfluss von Ressourcen statt, obwohl die Werke durch die Veröffentlichung nicht direkt verbessert wurden, konnte mit der CD die Popularität und Bekanntheit der Wikipedia immens vergrößert werden. Außerdem spendete Directmedia bei einem Preis von 9,90€ für eine CD jeweils 1,00€ pro CD an die Wikimedia-Stiftung. [12] Eine derartige Nutzung wäre nicht möglich gewesen, wären nicht alle Artikel auf der Wikipedia unter einer freien Lizenz veröffentlicht worden. Hier zeigt sich sehr anschaulich, wie sich die Interessen von kommerziellen Unternehmungen und freien Wissensgemeinschaften überschneiden und ergänzen können, so dass ein Nutzen für beide Seiten entsteht.
Deutschlandradio
Hierbei handelt es sich um einen interessanten Fall, bei dem ein deutsches Gericht erstmal eine Bewertung von möglicherweise kommerziellem Handeln im Graubereich der kommerziellen Nutzung treffen muss. Konkret geht es um die Verwendung eines CC BY-NC-lizenzierten Bildes, das von einem öffentlich-rechtlichen Radiosender, namentlich Deutschlandradio, auf seiner Website präsentiert wird. Zwar hat der Beklagte die Namensnennung korrekt eingehalten, der Kläger jedoch bezweifelt, dass hier eine nicht-kommerzielle Nutzung vorliegt. Entscheidend ist, dass es sich um einen öffentlich-rechtlichen Sender handelt. Dieser verfolgt laut Programmauftrag keine finanziellen Interessen, sondern dient der Information, Bildung und Unterhaltung, wobei die politische Unabhängigkeit genauso wie die Pressefreiheit gewahrt werden muss. [27] Das Landgericht Köln hat nichtsdestotrotz am 05.03.2014 verkündet, dass ein Anspruch auf Schadensersatz besteht, weil es sich um eine kommerzielle Nutzung handelt. Das Urteil selbst geht allerdings nicht näher auf die in der Lizenz gegebene Definition von kommerzieller Nutzung ein, sondern konstatiert: “Der Begriff der kommerziellen Nutzung ist in der Lizenzvereinbarung selbst nicht definiert”. [28] [13] Es bleibt abzuwarten, zu welchem Schluss die nächste Instanz gelangt. Sicherlich dürfte dieses Urteil viele potentielle NC-Lizenznehmer weiter verunsichern.
Fazit
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass NC-Lizenzierungen mit einer ganzen Reihe von Problemen aufwarten, die nicht immer intuitiv ersichtlich sind. Glücklicherweise existieren mit den SA-Lizenzen sinnvolle Alternativen im Bereich der Creative Commons. Die Open Source Gemeinde sieht also mit gutem Recht nur solche Lizenzen als wirklich frei an, die auch eine kommerzielle Nutzung erlauben. Für viele Projekte sind kommerzielle Experimente ungemein wichtig, bei anderen Projekten sind diese sogar der Motor der Entwicklung. Es bleibt zu hoffen, dass nun besser verständlich ist, warum ein Ausschluss kommerzieller Nutzung, so attraktiv er auf den ersten Blick auch erscheinen mag, die Freiheit von Software zu stark einschränkt, um diese als Open Source zu deklarieren. Als einzig sinnvolle Alternative bleibt hier der Verzicht auf Open Source, wobei dieser umso besser abgewägt werden sollte. Auch mit Version 4.0 der Creative Commons Lizenzen, die im November 2013 veröffentlicht wurde, bleibt das NC-Modul im wesentlichen unangetastet bestehen. [29]
Referenzen
- [1] Linus Dahlandera, Mats G. Magnussonb (2004): Relationships between open source software companies and communities: Observations from Nordic firms, http://www.idi.ntnu.no/grupper/su/bibliography/pdf/OpenSource/Dahlander2005.pdf, 30.03.2014
- [2] History - Creative Commons, http://creativecommons.org/about/history/, 30.03.2014
- [3] Wikipedia + CC BY-SA = Free Culture Win!, http://creativecommons.org/weblog/entry/15411, 30.03.2014
- [4] 4.0/NonCommercial - CC Wiki, http://wiki.creativecommons.org/4.0/NonCommercial, 30.03.2014
- [5] CC BY-NC 4.0, http://creativecommons.org/licenses/by-nc/4.0/legalcode, 30.03.2014
- [6] What is free software?, http://www.gnu.org/philosophy/free-sw.en.html, 30.03.2014
- [7] The Open Source Definition | Open Source Initiative, http://opensource.org/osd, 30.03.2014
- [8] Wikimedia Statistics, https://stats.wikimedia.org/EN/TablesArticlesTotal.htm, 31.03.2014
- [9] Statistics - Wikimedia Commons, http://commons.wikimedia.org/wiki/Special:Statistics, 31.03.2014
- [10] How many public photos are uploaded to Flickr?, http://www.flickr.com/photos/franckmichel/6855169886/, 31.03.2014
- [11] Artikelwachstum in der deutschsprachigen Wikipedia, http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Artikelwachstum_in_der_deutschsprachigen_Wikipedia.png, 31.03.2014
- [12] Erik Möller (2006): Freiheit mit Fallstricken: Creative-Commons-NC-Lizenzen und ihre Folgen, http://www.opensourcejahrbuch.de/download/jb2006/chapter_06/osjb2006-06-02-moeller.pdf, 31.03.2014
- [13] Urteil des Landgericht Köln vom 05.03.2014, https://netzpolitik.org/wp-upload/CC-Urteil-LG-Koeln.pdf, 31.03.2014
- [14] Paul Klimpel (2012): Folgen, Risiken und Nebenwirkungen der Bedingung »nicht-kommerziell – NC«, http://irights.info/userfiles/CC-NC_Leitfaden_web.pdf, 31.03.2014
- [15] Metrics/License statistics - CC Wiki, http://wiki.creativecommons.org/Metrics/License_statistics, 31.03.2014
- [16] Node.js and V8 History, http://nodegeek.net/2013/12/nodejs-v8-history/, 23.03.2014
- [17] node/LICENSE, https://github.com/joyent/node/blob/master/LICENSE, 24.03.2014
- [18] Contributors to joyent/node, https://github.com/joyent/node/graphs/contributors, 01.04.2014
- [19] Microsoft to work with Joynet, http://www.zdnet.com/blog/microsoft/microsoft-to-work-with-joyent-to-port-node-js-to-windows-azure/9802, 01.04.2014
- [20] npm, https://www.npmjs.org, 22.03.2014
- [21] Ryan Dahl: Node.js, - JSConf.eu - 2009, http://jsconf.eu/2009/speaker/speakers_selected.html#entry-3356, 01.04.2014
- [22] IrfanView Software License Agreement, http://www.irfanview.com/eula.htm, 01.04.2014
- [23] Download IrfanView, http://www.irfanview.com/main_download_engl.htm, 01.04.2014
- [24] What is IrfanView?, http://www.irfanview.com/main_what_is_engl.htm, 01.04.2014
- [25] Download Statistics: GIMP + GTK+ (stable release), http://sourceforge.net/projects/gimp-win/files/GIMP%20%2B%20GTK%2B%20%28stable%20release%29/stats/timeline?dates=2012-01-01+to+2012-12-31, 01.04.2014
- [26] Wikipedia:DVD - Wikipedia, http://de.wikipedia.org/wiki/Wikipedia:DVD, 01.04.2014
- [27] Rundfunkfreiheit und Programmauftrag (Auszug aus Urteilsbegründung des Bundesverfassungsgericht vom 11.09.2007), http://www.dasganzewerk.de/pdf/20070911-bverfg-urteilsbegruendung-rundfunkfreiheit-programmauftrag-kurzfassung.pdf, 01.04.2014
- [28] _Urteil des LG Köln zu Creative Commons im öffentlich-rechtlichen Rundfunk, https://netzpolitik.org/2014/urteil-des-lg-koeln-zu-creative-commons-im-oeffentlich-rechtlichen-rundfunk/#more-64134, 01.04.2014
- [29] Version 4.0 ist da! - Creative Commons, http://de.creativecommons.org/2013/11/25/version-4-0-ist-da/#more-1139, 01.04.0214