Apfelkrieg (Spiel) - Perseos/Apfelkrieg GitHub Wiki
##Der Apfelkrieg
(übernommen aus: Dickerson/Geis Chemie – eine lebendige und anschauliche Einführung, Verlag Chemie)
„Wir wollen das Konzept des chemischen Gleichgewichts durch eine auf den ersten Blick scheinbar weit hergeholte, aber tatsächlich mathematisch korrekte Analogie einführen. Man stelle sich einen Apfelbaum vor, der auf der Grenzlinie zwischen zwei Gärten steht; in dem einen wohnt ein verschrobener alter Mann und in dem anderen ein Vater, der seinem Sohn aufgetragen hat, hinauszugehen und den Garten von Fallobst zu reinigen. Der Junge merkt schnell, dass man die Äpfel am einfachsten dadurch los wird, dass man sie in den Nachbargarten wirft. Er tut es und erregt den Zorn des alten Mannes. Jetzt beginnen der Junge und der Mann Äpfel hin und her über den Zaun zu werfen, so schnell sie können. Wer wird gewinnen?
Die Schlacht läuft in fünf Phasen ab. Wenn man annimmt, dass der Junge stärker und schnel- ler ist als der alte Mann, könnte man meinen, dass der Konflikt damit endet, dass alle Äpfel auf der Seite des alten Mannes landen (Phase I und II). Wenn sich auf beiden Seiten des Zau- nes die gleiche Anzahl von Äpfeln befindet, ist es zwar richtig, dass der Junge die Äpfel die Äpfel schneller über den Zaun werfen wird, als sie der alte Mann zurückwerfen kann.
Aber das heißt nur, dass mehr Äpfel auf der Seite des alten Mannes sein werden, die dann leichter zu erreichen sind. Auf der Seite des Jungen werden sie rarer, und der Junge muss mehr herumrennen, um sie aufzuheben. Schließlich wird ein Gleichstand oder ein Gleichge- wicht erreicht, in dem die gleiche Anzahl Äpfel in beiden Richtungen über den Zaun fliegt. Der alte Mann wirft weniger schnell, hat aber geringere Mühe, Äpfel zu finden (Phase III); der Junge wirft schneller, verliert aber Zeit dadurch, dass er herumrennt und die wenigen Äpfel auf seiner Seite sucht (Phase IV). Das Verhältnis der Äpfel auf den beiden Seiten des Zau- nes wird schließlich durch die relative Geschwindigkeit der beiden Kämpfer bestimmt, doch werden nicht alle Äpfel auf einer Seite landen (Phase V). Wir können die Geschwindigkeit, mit der der alte Mann die Äpfel wirft, ausdrücken durch:
Geschwindigkeit M = kMcM
Die Geschwindigkeit wird gemessen in Äpfel pro Sekunde über den Zaun, und cM ist die Konzentration der Äpfel auf der Seite des Mannes, ausgedrückt in Äpfel pro Quadratmeter Boden. Die Geschwindigkeitskonstante kM hat die Einheit m²/s
Phase I (Vorbereitung zur Schlacht)
Phase II (Der Junge geht zum Angriff über)
Phase III (Gegenoffensive des Mannes)
Phase IV (anfängliches Unentschieden)
Phase V (stabiles Gleichgewicht)
Der Wert von kM drückt die Behändigkeit des alten Mannes aus und seine Geschwindigkeit, mit der er das Gebiet auf seiner Seite des Zauns unter Kontrolle hat.
Die Geschwindigkeit, mit der der Junge die Äpfel über den Zaun zurückwirft, ist gegeben durch
GeschwindigkeitB = kBcB
wobei CB die Konzentration der Äpfel im Garten des Buben ist und kB die Geschwindigkeits- konstante oder Behändigkeitskonstante, die angibt, wie schnell der Junge auf seiner Seite des Zauns aufräumt (in m²/s). Da wir angenommen haben, dass der Junge schneller ist als der Mann, ist kB größer als kM.
Wenn der Junge seinen Garten völlig von Äpfeln gereinigt hätte, bevor der alte Mann heraus- gekommen wäre, dann wäre die Geschwindigkeit M, zu Beginn der Schlacht größer gewesen als die Geschwindigkeit B, und es hätte insgesamt einen Strom von Äpfeln auf die Seite des Jungen gegeben. Seine Behändigkeit würde ihm nichts nützen, wenn es keine Äpfel auf seiner Seite gäbe, die er aufheben könnte. Wenn umgekehrt die Schlacht mit der gleichen Konzentration von Äpfeln auf jeder Seite be- gonnen hätte, dann wäre die Geschwindigkeit B größer gewesen als die GeschwindigkeitM, weil die Behändigkeitskonstante kB, größer ist als kM. Wenn beiden die gleiche Anzahl von Äpfeln zur Verfügung steht, ist der Junge immer besser dran als der alte Mann, da er schneller umherrennen kann. In beiden Fällen würde ein neutraler Beobachter zu seiner Überraschung feststellen, dass die Schlacht schließlich in einer Patt-Situation oder in einem Gleichgewicht endete, in dem Geschwindigkeit M = Geschwindigkeit B ist, an einem Punkt also, an dem die zusätzlichen Äpfel auf der Seite des alten Mannes gerade die zusätzliche Behändigkeit des Jungen kompensieren. Die Geschwindigkeiten, mit denen Äpfel in beiden Richtungen über den Zaun geworfen würden, wären dieselben:
Geschwindigkeit M = Geschwindigkeit B (dynamisches Gleichgewicht)
kM × cM = kB × cB
Das Verhältnis der Konzentrationen bei diesem Stillstand oder in diesem stationären Zustand gibt uns die relativen Behändigkeiten des Mannes und des Jungen an:
Das Verhältnis der Äpfel in den beiden Gärten wird, wenn die Patt-Situation erreicht ist, un- abhängig von den Ausgangsbedingungen immer dasselbe sein - gleichgültig ob zu Beginn alle Äpfel in dem Garten des Jungen oder des Mannes lagen oder zwischen den beiden aufgeteilt waren. Das Verhältnis der Äpfel in den beiden Gärten im Zustand des Gleichgewichts wird auch dasselbe sein, unabhängig davon, wie viele Äpfel es gibt - ein Dutzend oder tausend (solange wir Ermüdungserscheinungen ausschließen können). Eine Verdopplung der Zahl der Äpfel in der Schlacht verdoppelt die Geschwindigkeit, mit der der Junge sie finden und wer- fen kann, doch sie verdoppelt auch die Geschwindigkeit, mit der der Mann sie zurückwerfen kann. Die beiden Effekte heben einander im Verhältnis auf. Ein solches Verhältnis, das unabhängig von den Ausgangsbedingungen und von den absolu- ten Zahlen ist, wird Gleichgewichtskonstante K genannt:
Wenn wir den Wert der Gleichgewichtskonstante kennen, entweder aus vergangenen Schlach- ten oder durch Kenntnis der Behändigkeitskonstanten kM und kB, dann können wir, wenn die Patt-Situation erreicht ist, bestimmen, wie viele Äpfel auf der Seite des alten Mannes sind, indem wir die Äpfel auf der Seite des Jungen zählen und einfache Arithmetik anwenden.
Beispiel: Der Junge säubert sein Gebiet doppelt so schnell wie der alte Mann. In der Patt-Situation lie- gen im Garten des Jungen drei Äpfel pro Quadratmeter. Wie groß ist die Apfeldichte auf der Seite des alten Mannes?
Lösung:
Aus den Bedingungen folgt:
und
dann ist: oder
Der alte Mann hat im Gleichgewicht sechs Äpfel pro Quadratmeter auf seiner Seite. Die Patt- Situation ist ein Gleichgewicht zwischen zwei einander entgegen gerichteten Apfelwerf- Prozessen. Offensichtlich hat im Gleichgewicht das Hin- und Herwerfen von Äpfeln nicht aufgehört, doch wenn wir über die Zahl der Äpfel auf beiden Seiten Buch führten, würden wir feststellen, dass sich nichts mehr änderte.